Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt
Alle, ja wirklich alle meine Bekannten haben mir vom Erwerb eines Holzbootes dringlichst abgeraten. "Da bist Du nur Zugange! Schleifen, lackieren, Löcher stopfen und was das Schlimmste ist: die Kiste mußt Du erstmal dichtquellen lassen, die säuft nämlich erstmal völlig ab!" Häme und vorauseilende Schadenfreude angereichert mit zeigefingerandiestirntippender Mitleidsmimik allerortens. Stimmt ja auch alles, was sie sagten. Aber was keiner wußte ist, daß ich von Anfang an geplant hatte, ihr eben jenes abzugewöhnen. Und natürlich wußte ich nicht im Ansatz, worauf ich mich da einlassen sollte. Und so kam es wie im richtigen Leben, das Teil mußte her. Frisch verliebt in diese betagte Müritz-Schönheit machten wir uns eines frühen Septembermorgens auf, sie auf einem nicht enden wollenden Red-eye-Trip von Dessau ins Ruhrgebiet zu zerren. Meinem Kumpel Achim sei Dank, haben wir das schadenfrei überstanden.

Da stand sie nun hinter dem Haus. Ein eilig zusammengezimmerter Unterstand schütz vor nix, außer vor Regen von oben. Das mußte auch erstmal reichen. Und meine neue Flamme sollte nicht geschminkt werden, sie sollte in den Jungbrunnen und anschließend ins Fitneßstudio. Als erstes wurden alle Bretter und Brettchen demontiert, der komplette Lack des Außenrumpfes entfernt. Da krawehlbeplankte Boote kalfatert sind, mußte mittels selbstgebautem Kratzwerkzeug altes Werg ausgenommen werden. Hunderte Meter reinste Sträflingsarbeit. Anschließend wurde angedicktes Epoxi mittels einer dicken Spritze in die offenen Spalten injiziert. Überstände mit dem Rumpf geschlichtet und alles sauber geschliffen. Zwei Schichten Epoxi klar und anchließend ein Glasgewebe auflaminiert. Alles verschwand unsichtbar unter vier weiteren Schichten. Im Innenraum wurden die Planke zwischen den Spanten bis auf das blanke Holz heruntergeschliffen, die Plankenstöße verspachtelt und jeder Spant bekam zwei Hohlkehlen. Eine rechts, eine links. Das bietet nicht nur Wasser keine Eindringmöglichkeit, das ganze Boot wird dadurch stabil bis kugelsicher. Eingefärbtes Epoxi (davon ist nichts zu sehen, weil aller Blick auf die Innenplanken durch Einbauten verwehrt ist) wurde in zwei Schichten aufgebracht. Das Schwert erfuhr eine ganzheitliche Behandlung mit Fertan und anschließendem Epoxi-Überzug. In den kalten Wintermonaten wurden alle Einbauten separat behandelt und im Frühjahr neu eingepaßt. Ebenso der überarbeitete Schwertkasten. Mit den höheren Temeraturen kam auch der Klarlack. Mittlerweile 6 Schichten Epifanes 2K-Lack. Direkt aufgebracht auf angeschliffenes Epoxi war wohl die richtige Tat. Rumpf und Deck glänzen wie ein poliertes Ei. Einen Probelauf hat sie bei denkbar schlechtem Wetter bravorös absolviert. Alles geht, alles dreht. Drei weitere Lackschichten werden noch folgen, bevor es in diesem Jahr auf die ex-heimatlichen Gewässer geht. Müritz, wir kommen!

Länge 6,50m, Breite 2,20m

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Making of MahoganyRush